Das Wahre in Realismus und Phantastik

Von Dr. Amelie Himmel

 

Das Oeuvre Michael Engelhardts ist kein offenes, kein durch den Betrachter beliebig assoziativ zu erweiterndes Werk. Vielmehr wird die Phantasie des Betrachters gelenkt, ein Abschweifen verhindert, Assoziationsketten werden gelegt, stehen doch alle Elemente, so fragwürdig jede konkrete Entschlüsselung ist, miteinander in Verbindung. Die Rätselhaftigkeit bleibt stets aber inhärent. Unerklärliche Schatten, sich auflösende, durchscheinende Materialität, unerklärliches Zusammentreffen der Dinge, die alle durch Eigenes hervorstechen, lassen eine mystische Stimmung aufkommen. Die Pointierung der Dinge, ob durch eine exzellente Positionierung oder eine auffällige Farbgebung verweist genauso auf Rätselhaftes wie der immer wieder eingeforderte Wechsel zwischen Detailansicht und Gesamtansicht.

Auffällig ist, dass der Künstler eine Art Vokabular benutzt. Die ihm wohlbekannten Dinge arrangiert er immer neu, stellt stets sich ändernde Beziehungen zwischen ihnen her. Dem Künstler alleine bleibt vorbehalten, diese Dinge symbolisch zu erschließen. Von daher sind alle die Werke Engelhardts Meisterwerke, singuläre und einzigartige Sichtweisen auf die Welt, die wohl einen kritischen Blick auf Realität enthalten können, nicht aber Kritik provozieren. Stattdessen wird es dem Betrachter möglich, indem er der Sichtweise des Künstlers nacheifert, diesem ähnlich zum ‚Seher’ zu werden. Engelhardt geht es in seinen Bildern weniger um das „Sehen“, sondern um das „Zeigen“, das „Sehen machen“. Diesem Begriff aus der Erkenntniskultur Leibniz’ gemäß, spürt Engelhardt den im Mikrokosmos verborgenen Makrokosmos auf.

Realismus und Phantastik, ein Agglomerat, die Durchdringung beider Wahrnehmungswelten, trifft für Engelhardt das Wahre. Es ist das Wahre, das er durch seine Malerei zur Darstellung bringen will. Es geht Engelhardt nicht um ein Verständnis seiner Bilder mit Hilfe ikonographischen Vorwissens. Den Kenntnissen um Mythologien, Geschichte oder Religion setzt er optischsinnliche Qualitäten entgegen, die alleine das Mystische generell hinter allem spüren lassen. Die Einbildungskraft wird bei Engelhardt von alltäglichen Dingen und alltäglichen Landschaften eingefordert und herausgefordert. Es geht ihm nicht um ein möglichst umfassendes fotographisches Erfassen der Wirklichkeit, bei dem selbst Ungesehenes, schnell und nicht wirklich Wahrgenommenes zu einem bestimmten Zeitpunkt wie eingefroren wird, sondern er verlangt sich als Künstler ab, vom Abbild zur Realität im Sinne von Wahrheit zu gelangen. Zu dieser gehört neben allem Konkreten das Mystische, Phantastische, alles Emotionale, alles Suggestive.

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